Orchideen

Orchideen

[von orchi—], Knaben­kraut­gewächse, Orchidaceae, nach der bis­herigen Systematik weit gefaßte Familie der Orchideen­artigen (Orchidales), die mit ca. 800 Gatt­ungen und rund 25000 Arten zu den größten Familien des Pflanzen­reichs gehört. Bis kurzem galt, daß die Pflanzen­familie der Orchideen ist ent­wicklungs­geschicht­lich sehr jung ist und die Orchideen erst vor etwa 2 Millionen Jahren auftraten.
Im »Natur und Kosmos«, 12/2007 steht, daß die Familie vor mindestens 55 Millionen Jahren ent­standen ist. Weiter wird über einen ungewöhn­lichen Fund aus der Domini­kanischen Republik berichtet: Eine Biene in 15 bis 20 Millionen Jahre altem Bern­stein trug Pollen von Orchideen am Hinter­leib. Auf Grund der Ver­wand­schafts­beziehung der Arten stellten Forscher um Santiago Ramirez von der Harvard—Universi­tät einen Stammbaum auf, um zu ermitteln, wann die älteste Orchidee geblüht haben muß. Sie kamen zu dem Ergeb­nis, es müsse vor 84 bis 76 Millionen Jahren gewesen sein — also noch bevor die Dinosaurier aus­starben. Mehr dazu unter www.oeb.harvard.edu (nach »Ramirez« suchen).
In wechsel­seitiger Anpass­ung zwischen Orchi­deen und bestäubenden Insek­ten ent­standen dabei gegen­seitige Bind­ungen und Abhängig­keiten. Neben dem gene­tischen Erbe er­klären die Anpass­ungen der Orchideen­blüte an ihre Bestäuber (Co­evo­lution) die große Formen­fülle dieser Pflanzen­familie. Orchi­deen, gehören als lang­lebige Pflanze zu den Stauden. Sie ist welt­weit ver­breitet, aber hauptsächlich in den Tropen heimisch. Man geht davon aus, daß das Ent­faltungs­zentrum in Südost—Asien liegt. Die unge­heure Viel­falt der Orchideen beruhend auf zahl­losen Bastar­den, Ökotypen und regio­nalen Unter­arten. Das er­schwert die Ab­grenzungen von Arten und Gattungen. Nach der neueren Systematik werden die bis­herigen Orchidaceae in drei kleinere Familien auf­ge­gliedert:
Die Apostasiaceae (bisher Unter­familie Apostasioideae) mit zwei Gatt­ungen und fünf­zehn Arten. Deren Blüten sind fast radiäre, noch recht ursprüng­lich gebaut und be­sitze noch drei fertil Staubblätter.
Die Cypripediaceae (Diandrae; bisher Unter­familie Cypripedioideae) mit 4 Gattungen und ca. 100 Arten. Hier haben die Blüten noch zwei fertile Staub­blätter sowie eine pantoffel­förmige Lippe (»Schuh«), eine »Fahne« (mittlere Sepala) und zu einem einzigen Blatt ver­wachsene seit­liche Sepalen.
Die Orchidaceae mit knapp 800 Gattungen und 17.400 Arten (Die Monandrae gehörte bisher zur Unter­familie Orchidoideae.). Die Familie der Orchidaceae hat nur noch ein Staub­blatt und äußerst viel­ge­staltigen Blüten.
Orchideen sind aus­ge­sprochen anpass­ungs­fähige Pflanzen. Sie leben am Boden oder als Epiphyten auf Bäumen bzw. auf Felsen (Lithophyten; Fels­flora) und kommen nahezu über­all, außer im Wasser und in Regi­onen mit extremer Kälte oder Trocken­heit vor.
Ihre Sprosse können eine Länge von nur wenigen Milli­metern z. B. wie bei der austra­lischen Art Bulbo­phyllum minutis­simum haben. Oder et­lichen Metern lang sein, wie bei der mit sproß­bürtigen Wurzeln kletternden Vanille.
Orchideen ent­halten häufig Alkaloide, Flavo­noide fehlen dagegen ganz.

Biologie

Orchideen sind nahezu über die ganze Erde verbreitet; sie bewohnen die extremsten Lebens­räume. Ihr Ver­breit­ungs­raum ist noch nicht abge­grenzt. Ihre Formen­viel­falt ist faszi­nierent. Welt­weit kennt man heute über 25 000 Arten, die in rund 800 Gattungen zusammen­gefaßt werden. Jährlich werden etwa 100 neue Arten ent­deckt.
In Europa sind nur zwei der drei Haupt­gruppen vertreten und zwar die Cypripediaceae und die Orchidaceae. Diesen Haupt­gruppen werden ungefähr 60 Arten zuge­ordnet, bei denen es sich aus­schließlich um terris­tische Orchideen­arten handelt.
Orchideen gehören zu der jüngsten und hoch­ent­wickelt­sten Pflanzen­familie. Die Neig­ung der Orchideen zur Blüten­viel­falt, die Bild­ung von Lokal­rassen, Über­gangs­formen und Hybrid­schwärme er­schwert die Zu­ordnung einzelner Orchideen. Viele Orchideen lassen sich nur auf Grund der Chromosomen Zweifels­frei bestimmen.
Orchideen sind die Pflanzen der Super­lative. So gehören ihre Samen zu den kleinsten der Blüten­pflanze. Die Samen sind mikroskopisch klein, etwa 100 000 Samen wiegen ein Gramm. Sie bestehen aus unter­ent­wickelten Embryonen ohne Nähr­stoff­depot. Bei dieser Größe ist kein Platz für ein Nähr­stoff­depot im Samen­korn. Ein Orchideen­samen kann nur mit Hilfe eines individu­ellen Pilzes, welcher die Nähr­stoffe für die einzelne Orchideen­art liefert keimen.
Kokos­nüsse sind da­gegen viel besser aus­ge­stattet, sie haben eine fast undurch­dringliche Außen­haut, hinter der der Keim für eine neue Pflanze und ein umfang­reiches Nahrungs­ange­bot für den Lebens­anfang geschützt ist. Auch nach einer jahre­langen Reise im Meer, können sie selbst unter ungüns­tigen Be­din­gungen eine assimi­lations­fähige Pflanze ent­wickeln.
Einige Orchideen­arten, wie zum Beispiel der Dingel, sind lebens­lang auf die Lebens­gemein­schaft mit einem Pilz, ange­wiesen. Dieser reicht ständig seine Assi­milations­ab­fälle als Nähr­stoffe an die Orchidee weiter.
Orchideen stellen je nach Art ganz individuelle Ansp­rüche an den Stand­ort. Aller­dings gibt es auch Unter­such­ungen an Ophrys­arten in Griechen­land, die keine ein­deutige Lebens­raum­bind­ung er­kennen lassen.
Die komplexen Ansprüche der Orchideen an ihre Standorte können nur von der unge­störten Natur erfüllt werden. Auf Veränder­ungen reagieren Orchideen äußerst empfindlich. Erst kümmern sie und ver­schwinden schließlich völlig. Auf lands­wirtschaft­lich genutzten Flächen können Orchideen nicht leben, Dünger vernichtet sie. In Deutsch­land sind viele Orchideen ver­schwunden. Mit aufwänd­igen Rekultivier­ungs­maß­nahmen versucht man sie wieder ein­zu­bürgern. Dafür wurden Trocken­wiesen ge­schaffen und Schutz­zonen an Gewässern und Wegen angelegt. In einigen Be­reichen ist Wieder­her­stellung der Lebens­bedin­gungen für die Orchideen gelungen und die Orchi­deen sind zurück­gekehrt.

Wurzen und Knollen

Knolle von Ophrys drôme

Drome Knolle Die in den Sub—Tropen ver­breiteten und auf eine hohe Luft­feuchtig­keit ange­wiesenen epi­phytischen Orchideen be­sitzen oft dicke, weiß— oder grünlich gefärbte Luft­wurzeln. Mit denen halten sie sich am Unter­grund fest und nehmen zugleich Feuchtigkeit und Nähr­stoffe aus der Luft auf. Die Auf­nahme Feuchtig­keit und Nähr­stoffe erfolgt über ein schwamm­iges Ab­sorptions­gewebe.
(Velamen) aus toten, luft­gefüllten Zellen, daß die Wurzeln umgibt.
Als Speicher­organe für Wasser und Nähr­stoffe dienen stark ver­dickte Sproßabschnitte. Sie sind in Größe und Form sehr viel­fältig. Der­artige Luft­knollen (Pseudo­bulben) können sich über mehrere bis viele Inter­nodien er­strecken und zwei­zeilig beblättert sein (wie bei Dendrobium) oder auf ein Inter­nodium beschränken, an dessen Spitze ein bis mehrere Blätter stehen. Die stamm— bzw. spindel— bis kugel­förmigen Bulben können im Extrem­fall steck­nadel­groß (Bulbophyllum) oder mehrere Meter lang (Grammatophyllum) sein.
Viele terrest­rische Orchideen gemäßigter Breiten bilden neben normalen Wurzeln Speicher­organe wie Rhizome oder Wurzel­knollen. Die zwei runden oder gelapp­ten Knollen (neue Knolle und Vor­jahres­knolle) der Knaben­kräuter und anderer heim­ischer Orchideen­gatt­ungen er­innern in ihrer Form an Hoden, deshalb nannten die Griechen die dazu­gehörigen Pflanzen Orchis (= Hode). Im Mittel­alter verwendete man der­artige Wurzel­knollen, ent­sprechend der Signatur­lehre des Paracelsus zu Heil­pflanzen, als Aphrodisaikum. Dieser Irr­glaube trägt bis in die heutige Zeit vor allem im östlichen Mittel­meer­gebiet zur Dezimier­ung der Orchi­deen bei.
Die Knollen ent­halten Stärke und Schleim für medi­zinische An­wend­ungen, siehe auch bei Orchis morio.

 

Blätter

Die meist wechsel­ständigen, oft zwei­zeilig (distich) an­ge­ordneten und über­wiegend stengel­um­fassenden Orchideen­blätter sind häufig ledrig oder fleischig aus­ge­bildet. Die einfache, riemen— oder zungenförmige bis breit—ovale (seltener zylin­drisch ge­formte) Spreite (Blatt­spreite) ist meistens von Längs­nerven durch­zogen und hat häufig eine dicke, die Trans­piration (Ver­dunstung) hemmende Cuticula auf. Be­sonders im dichten tro­pischen Regen­wald gewähr­leistet die epiphy­tische Lebens­weise in den Baum­kronen (Kronen­dach­region) den Orchideen eine aus­reich­ende Licht­ver­sorgung (Licht­faktor). Oft ent­halten auch die Luft­wurzeln aus­reichend Chloro­phyll, um sich an der Photo­synthese zu beteiligen (manche Orchideen­arten mit der­artigen Wurzeln kommen sogar ohne Blätter aus). Neben epiphytischen und terres­trischen Orchi­deen mit einem Rhizom, aus dem eigent­lich jedes Jahr neue Triebe her­vor­gehen (Jahres­trieb), gibt es auch Arten ohne Rhizom und Bulben, jedoch mit einem meist auf­rechten Stamm. Der trägt zwei­zeilig ange­ordnete Blätter und am gesam­ten Sproß Wurzeln treiben. Er verlängert sich jeweils während der Wachstums­periode an der Spitze weiter.
 

Blüten

Die Blütenstände sprießen in den Blatt­achsen; bei Orchideen­arten mit Pseudo­bulben an deren Spitze oder Basis. Die in den Achseln oft recht kleiner Trag­blätter stehenden Orchideen­blüten können winzig oder sehr groß (bis zu 30 cm breit) sein. Sie stehen einzeln oder in lockeren bis dichten Ähren, Trauben oder Rispen. Sie sind fast immer stamino­karpellat und zygomorph ( dorsi­ventrale Blüte) und be­sitzen drei innere sowie drei äußere, in sehr vielfältige Formen (rund­liche bis faden­förmige) Perigon­blätter.
Die drei Kelch­blätter, Se­palen sind häufig unter­einander gleich; von den Kronblättern, Petalen können zwei den Kelch­blättern ähneln. Ab­weichend davon unter­scheidet sich das mitt­lere, obere Kron­blatt in Größe, Form und Farbe deut­lich von den übrigen Blütenhüllblättern.
Diese für Orchideenblüten typische Lippe (Labellum) weist zumeist nach unten, was durch die soge­nannte Resupination (meist 180°—Dreh­ung des Frucht­knotens oder Blüten­stiels) er­reicht wird. Es hat normaler Weise die Auf­gabe, Blüten­besucher anzu­locken und dient denen dann als Anflug­stelle. Die Lippe kann stark ver­größert, in die Länge ge­zogen, ge­lappt, an den Seiten empor­gewölbt oder pantoffel­förmig aus­ge­bildet sein und über eine auf­fällige Farbe und Musterung sowie Haare oder einen ge­fransten Rand verfügen. Nach hinten kann sie zudem einen mit Nektar gefüll­ten, sack— oder röhrenförmigen (bis 30 cm langen) Sporn bilden.
Die Orchideen be­sitzen oft Nektar­inen, Saft­drüsen die einen stark zucker­haltigen Saft ab­sondern, womit sie Insekten an­locken.
 

Befruchtung

Griffel und Staub­fäden sind zu der für Orchideen charakter­istischen Säule (Griffel­säule, Gynostemium) verwachsen. Das Andrözeum besteht aus drei fertilen Staubblättern in zwei Kreisen (Apostasiaceae), den beiden seitlichen Staubblättern des inneren Kreises (Cypripediaceae) oder dem mitt­leren Staub­blatt des äußeren Kreises (Orchidaceae im engeren Sinne. Von ur­sprüng­lich drei Narben­lappen er­füllen bei den meisten Orchideen nur noch zwei ihre eigent­liche Funktion. Das dritte Staub­blatt, Staminodium ist steril und zum soge­nannten Rostellum umge­bildet, das zwischen dem Staub­blatt und den fertilen Narben­lappen sitzt. Orchideen—­Pollen sind bei vielen Orchideen zu mehr­eren (2—8 pro Blüte) mehligen bis festen Paketen (Pollinien) verklebt, die häufig mit einem Stiel­chen und einer Kleb­scheibe (Viscidium) ver­sehen sind. Diese soge­nannte Pollinarien bleiben mit ihrer Kleb­scheibe meistens am Kopf (bei Schmetterlingen am Saugrüssel) des Blüten­besuchers haften. Wenn das Stiel­chen welkt, neigt sich das Pollinium so, daß es in der nächsten Blüte genau auf die Narbe trifft. Der unter­ständige, dreiblätt­rige Orchideen­frucht­knoten ist dreifächig oder durch Reduktion der Scheide­wände einfächig. Seine außer­gewöhn­lich vielen Samen­anlagen (über 1000 bis zu 4 Millionen) entwickeln sich erst nach erfolg­reicher Bestäub­ung und werden daher oft mit erheb­licher zeit­licher Ver­zöger­ung befruchtet. Dank der zahl­losen in einem Pollinium ent­haltenen Pollen­körner reicht oft ein einziger Bestäub­ungs­vor­gang zur Be­frucht­ung aller Samen­anlagen.
Bei den Orchideen sind in Co­evolotion mit be­stimmten Blüten­besuchern, insbe­sondere Insekten (Entomogamie), teils stark abge­leitete, oft recht große Blüten ent­standen. Diese können mit leucht­enden Farben (vorzugsweise Weiß, Gelb, Rosa, Rot und Purpur, selten in Blau) und Mustern sowie betörendem Blüten­duft, manchmal auch kräftigem Aasgeruch auf sich aufmerksam machen und Verpflegung in Form von Nektar und Nähr­gewebe anbieten und mitunter höchst raffi­nierte Bestäubungs­mechanismen auf­weisen Zoogamie). So werden Insekten u.a. in Kessel­fallen gelockt zum Beispiel bei Frauen­schuh; Gleit­fallen­blumen. Von speziell angepaßten Blüten, die den Duft und die Gestalt weib­licher Insekten imitieren, werden Insektenmännchen zu Begatt­ungs­ver­suchen ver­leitet (zum Beispiel bie Rag­wurze; Sexual­täusch­blumen Bestäub­ung). Oder sie werden von einer bei Berührung nach oben schnell­enden Lippe an die Säule ge­schleudert und so lange in der Blüte ein­ge­schlossen, bis sie sich an der Narbe und den Pollinien vor­bei ins Freie gekämpft haben (zum Bei­spiel bei der austra­lischen Gattung Pterostylis, der Grünkappe). Wenn auch viele Orchideen­blüten so ge­baut sind, daß eine Selbst­bestäubung (Auto­gamie) ver­hindert oder er­schwert wird, gibt es auch Orchideen—­Arten, bei deren Blüten es gelegent­lich oder regelmäßig zur Selbst­bestäub­ung kommt (z. B. Ophrys apifera).
 

Samen

In den läng­lichen, meist drei­kantigen Frucht­kapseln der Orchideen reifen oft über einen Zeit­raum von mehreren Monaten nicht selten ein Million und mehr winzige, staub­feine Samen heran. Mit einem Gewicht von nur wenigen Mikro­gramm gehören sie zu den kleinsten und leichtesten Samen des Pflanzenreichs. Eine aufge­triebene Hülle (Testa) aus abge­storbenen, luft­gefüllten Zellen erhöht die Schweb­fähig­keit der Samen so, daß sie vom Wind Hunderte von Kilo­metern weit trans­portiert werden können (Anemo­choren, Pflanzen deren Samen vom Wind aus­ge­breitet werden). Nur bei wenigen Gatt­ungen ist der Samen, wie bei der Vanille von einem aromatisch duftenden Frucht­mus umgeben. Hier über­nehmen Vögel, die die Früchte fressen, die Samen­aus­breitung (Ornithochorie)
 

Keimling

Im Gegensatz zu den Samen anderer Pflanzen­familien sind die der Orchideen nicht mit einem funktions­fähigen Endosperm aus­ge­stattet. Die Embryonen be­stehen aus nur wenigen Zellen und sind weit­gehend un­differ­enziert. Orchideen­keim­linge sind daher während ihrer Ent­wicklung auf die Symbiose mit speziellen Pilz­arten (»Ammen­pilzen«) ange­wiesen. Aus dem Orchideen­samen ent­wickelt sich ein kreisel­förmiger Körper (Proto­korm), an dessen Rand sich Absorptions­haare bilden, über die der Pilz ein­dringt. Durch den Abbau der protein­haltigen Pilz—Hyphen (Mykotro­phie) ver­sorgt sich der Orchideen­keimling mit Wasser, Mineral­salzen und organischen Stoffen, die er für sein Wachstum und die Ausbildung einer Wurzel und kleinen grünen Blättchen braucht. Bis zu diesem Ent­wicklungs­stadium können mehrere Jahre ver­gehen (bis zur ersten Blüte brauchen Knaben­kräuter bis zu acht, der Frauen­schuh sogar bis zu sech­zehn Jahren).
Bei der er­wachsenen Pflanze liegen die Pilz—Hyphen als Knäuel in den äußeren Zellen der Wurzel­rinde und anderer unter­irdischer Pflanzen­teile (endotrophe Mykorrhiza).
 

Symbiose

Die Pflanze reguliert das Pilz­wachs­tum durch die Synthese fungista­tischer Sub­stanzen (Fungistatika). Etwa 150 Orchideen—Arten (sowohl Erdorchideen als auch Epiphyten) sind ganz auf die Ernährung durch Pilze ange­wiesen, da sie keiner­lei photo­synthetische Pigmente bilden. Die gelb­lich oder bräunlich gefärbten Saprophyten (zum Beispiel: Nest­wurz, Wider­bart) haben ihre Blätter zu Schup­pen reduziert und ver­fügen oft über ein stark ver­zweigtes Wurzel­werk. Einige austra­lische Arten wachsen sogar ganz unter der Erde. Eine »Symbiose« ganz anderer Art ist die bei etlichen Orchideen—­Gatt­ungen zu beob­achtende Ver­gesell­schaft­ung mit Ameisen. Die zentral­amerikanische Kuhhorn—­Orchidee (Schomburgkia tibicinis) bildet zum Bei­spiel bis zu 50 cm lange, innen hohle Pseudo­bulben, die von Ameisen be­wohnt werden.
 

Zucht ohne Pilz

Viele Orchideen lassen sich inzwischen ohne Pilz auf einem künst­lichen Nähr­medium auf­ziehen. An die Stelle der müh­seligen, zeit­auf­wendigen Anzucht aus Samen ist heute aller­dings schon viel­fach die Massen­ver­mehrung aus Gewebe­kulturen ge­treten. Dabei bilden aus Pflanzen isolierte Meristem­zellen (Bildungs­gewebe) auf einem sterilen Nähr­boden ein zunächst un­differenziertes Kallus­gewebe, aus dem sich dann kleine Pflänzchen ent­wickeln, die sich zu großen Pflanzen her­an­ziehen lassen.
Vielfalt durch Zucht bei tropischen Orchideen.
Die erste tropische Orchidee welche nach Europa gebracht wurde, war die Vanille. Die Spanier import­ierten sie zu Beginn des 16. Jahr­hunderts. Tropische Orchideen ge­langten vor allem im 18. Jahr­hundert nach Europa — hauptsächlich nach Eng­land, wo eine wahre Sammel­leiden­schaft aus­brach. Nach­dem man sich mit den Bedürf­nissen dieser Pflanzen ver­traut gemacht hatte, begann dort auch die Orchideen­zucht. Durch intensive Züchtung ins­be­sondere von Hybriden (inner­halb der Gatt­ungen und gattungs­über­greifend), ent­standen und entstehen noch immer zahllose neue Kultur—Sorten. Viele von denen über­treffen die ursprünglichen Arten hinsichtlich der Schauwirkung ihrer Blüten, aber auch in Bezug auf Wider­stands­fähig­keit und Blühfreudigkeit bei weitem. Allein zur Gattung Cattleya gehören in­zwischen weit über 5000 Hybriden.
Die bei uns als Topf­pflanzen und Schnitt­blumen ge­handelten, in allen Farben blühenden Zucht­orchideen sind wegen ihrer exot­ischen, meist lang­lebigen Blüten aus­ges­prochen be­liebt.
 

Gattungen

Cattleya Im Handel sind u.a. Arten bzw. Hybriden der Gattungen Phalaenopsis, Paphiopedilum, Cymbidium, Cattleya, Miltonia, Odonto­glossum und Dendrobium.
 

Weitere interessante Gattungen sind:




Bedrohte Arten

Während zahllose Orchideen­sorten vom Menschen ge­züchtet werden, sind viele Wild­arten in der Natur vom Aus­sterben be­droht. Gründe hierfür sind nicht nur rücksichts­lose Sammel­leiden­schaft, sondern vor allem die zu­nehmende Zer­störung ihrer Leben­sräume — seien es tropische Regen­wälder oder mittel­europäische Feucht­wiesen (Molinie­talia) und Mager­rasen. In Deutsch­land sind sämt­liche ein­heimi­schen Orchi­deen voll­kommen geschützt. Die meisten Arten hier sind mehr oder weniger gefährdet und stehen auf der »Roten Liste«. Es sind aus­nahms­los Erd­orchideen, die an der Spitze eines auf­rechten, beblätter­ten Stengels, meistens in Ähren oder Trauben an­ge­ordnete kleine Blüten haben. Viele Arten be­vor­zugen kalk­reiche Böden und können sich auf einem mageren Unter­grund am besten gegen die Konkur­renz anderer Pflanzen be­haupten. Die Düngung magerer Wiesen führt zum Ver­schwinden von Orchideen. Ebenso gefährdet aber auch ein Ende der land­wirt­schaft­lichen Nutz­ung und die damit ver­bundene Ver­buschung der Orchideen­biotope die Orchideen, da die meisten Orchideen zum Ge­deihen ein offenes Ge­lände und viel Licht brauchen. Viele Orchideen sind auch durch das Sinken des Grund­wasser­standes ver­schwunden; schon Ab­senk­ung des Grund­wasser­standes im Milli­meter­bereich gefährden Orchideen.
 

Verbreitung in Europa

In Europa gibt es rund 180 aus­schließlich terris­trische Orchideen­arten, deren Ver­breitungs­gebiet zum Teil weit bis nach Asien hin­ein­reicht. Unter den rund 60 in Mittel­europa an­zu­treffenden Arten sind der Frauen­schuh, das Knaben­kraut, das Kohlröschen, die Riemen­zunge, die Wald­hyazinthe und das Zwei­blatt. Die Händel­wurz, Hunds­wurz und Stendel­wurz sowie die Rag­wurz und Nest­wurz.
Viele dieser Orchi­deen sind aus­ge­sprochen wärme­liebend, sie sind aus den wärmeren Regi­onen des Mittel­meer­raumes zu­ge­wandert.
 

Orchideenblüte

Die Orchideen­blüte setzt sich aus 2 x 3 Blüten­blättern zusammen, welche in konzentrischen Kreisen angeordnet sind.
Die Blüten­blätter des äußeren Kreises, die Kelchblätter oder Sepale sind gleichgefärbt und die beiden paarig stehen­den haben die gleiche Form. Das mittlere Sepal ist mehr oder weniger abweichend geformt.
Bei den Blüten­blättern des inneren Kreises, den Kronen­blätter oder Petale, sind ebenfalls die beiden äußeren Petale gleich geformt.
Bei vielen Arten neigen sie sich zu­sammen mit der mittleren Sepale zu einem Helm — ver­gleiche hier z.B. Helm­knaben­kraut, Puppen­orchis, Orchis morio, Salepknabenkraut.
Das innere, dritte Petal, die Lippe ist das auf­fallend­ste und das größte der sechs Blüten­blätter.
 



Grafik Orchideenblüte:

Grafik Längsschnitt durch eine Blüte des Mannsknabenkraut
 

Legende:


Grafik Vorderansicht der Blüte des Mannsknabenkraut

Bei vielen Orchi­deen dreht sich die Blüte während des Er­blühens um 180°, die Lippe der Knospe weist dann nach oben.
Im Laufe des Öffnens der Blüte dreht sich der Frucht­knoten und die Lippe zeigt nach unten, viel­leicht um den Insekten die Bestäub­ung zu er­leichtern. Die Stadien der Dreh­ung sind bei Rag­wurzen und Puppen­orchis deut­lich erkenn­bar. Es gibt auch Orchi­deen, bei denen voll­zieht der Frucht­knoten eine ganze Dreh­ung.
 

Samen der Schmetterlingsorchidee, LINNÉ, 1758
Orchis papilionacea

Schmetterlingsorchidee Orcideen Samen REM-Schmetterlingsorchidee Links: eine Schmetter­lings­orchidee (Spanien); Mitte: Samen der Orchis papilionacea in Originalgröße und Rechts eine REM-Aufnahme der Samen.
 

REM—Aufnahme
Samen der Breitblättrigen Stendelwurz, Epipactia helleborine

Epipactissamen Epipactissamen Die äußere Samen­schale von Orchideen­samen die Testa, die aus abge­storbenen Zellen besteht und extrem dünn ist, ist deut­lich ist auf diesen Groß­auf­nahmen zu sehen. Durch die Waben an der Ober­fläche der Testa wird die Benetz­bar­keit der Samen er­schwert, weil sich Luft in den Ver­tiefungen hält. Dieser Umstand trägt neben dem ge­ringen Gewicht auch zu guter Flug­fähig­keit bei, so können die Samen leicht durch den Wind ver­teilt werden.
 

REM-Aufnahme HARTMANN
Samen der Knabenkraut, Dactylorhiza lapponica

Dactylorhiza lapponica Dactylorhiza lapponica Dactylorhiza lapponica Diese Orchideen­art ist europa­weit ver­breitet. Die Samen stammen aller­dings nicht von einer Pflanze aus der Provence, sondern aus Finn­land oberhalb des 66° nördlicher Breite. Diese und die zwei vor­herigen Samen zeigen deut­liche Unter­schiede in der Ge­staltung.
Linkes Bild: Die Ober­flächen­struktur der staub­feinen Orchideen­samen sind nur in dieser extremen Ver­größer­ung erkenn­bar.
 



Stand: 23.09.2009

Unter www.natur.de, sind Videos zu einheimischen Orchideenarten zu sehen.


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