Nahe des Buech schlug ich mein Zeltlager auf. Hier wollte ich das Geheimnis einer Pflanze hier in dem Kiefernwäldchen ergründen, von der ich vermutete es sei eine Orchidee. In der Nacht regnete es heftig. Trotzdem schlief ich entspannt und erholte mich von der langen Anfahrt bis hierher. Als ich am Morgen aus dem Zelt krabbelte, sah ich auf der Plastikunterlage im Zeltvorraum etwa ein halbes Kilo schwarzes Pulver, welches verstreut verteilt war, beziehungsweise teilweise zu kleinen Haufen geschüttet war; es sah aus wie Schwarzpulver. Wie kam das hierher? Spielte mir da ein Einheimischer einen Streich? Das konnte nicht sein, denn so tief schlief ich bestimmt nicht, als dass ich nicht gehört hätte, wäre jemand in meinem Zelt gewesen. Ich befühlte es, aber es fühlte sich nicht so trocken an wie Pulver. Ich gab etwas von dem »Pulver« in eine Objektivschachtel und unter einer Geologenlupe sah ich bei einer Vergrößerung von 8:1, daß sich das »Pulver« bewegte; es waren Tiere. Mehr konnte ich aber nicht erkennen, dazu war die Lupe nicht ausreichend. Später, zu Hause entdeckte ich, daß zufällig einige Tierchen in der Objektivschachtel hängengeblieben waren. Glücklicher Weise fiel mir eine Lösung ein, näheres über die Lebewesen zu erfahren. Unter dem Rasterelektronenmikroskop konnten die Tiere ihre Identität nicht mehr verbergen: Es waren Springschwänze, Urtierchen, die überwiegend im Boden leben. Sie hatten sich wohl vor dem anhaltenden Regen Schutz in meinem Zelt gesucht.
Im Mai 2007 erlebte ich ähnliches, nach heftigem, stundenlangen Regen waren am Morgen auf der Zeltunterlage mehrere Häufchen Springschwänze (erstes Bild). Wie zu erkennen ist, ist die Mehrzahl der Tierchen rosa, nur wenige grau. Ich gehe davon aus, daß es sich bei den rosanen, um junge Tierchen handelt. Noch ein Hinweis zur Größe der Tierchen, die Felder der Unterlage sind zweieinhalb mal vier Millimeter groß.
Die Collembolen stellen die größte Ordnung innerhalb der Gruppe der Urinsekten dar. Es sind kleine, überwiegend flügellose Tiere, mit einer charakteristische Sprunggabel Furca auf der Unterseite des Körpers. Mit deren Hilfe können sie, bezogen auf ihre Körpergröße große Strecken überwinden.
Die Springschwänze werden mit den Protura und Diplura zu den Entognatha zusammengefasst. Weltweit kommen mehr als 6000 Arten vor. Davon findet man etwas 2000 in Mitteleuropa. Collembolen kommen in fast alle Lebensräume vor. Man findet sie selbst oberhalb der Schneegrenze im Gebirge, sowie in den arktischen und antarktischen Randzonen, wo sie sich von Algen und Pollen ernähren. Der überwiegende Teil der Arten lebt jedoch in den oberen Bodenschichten und auf Pflanzenabfällen. Manchmal sind sie auch im Wasser anzutreffen. Sie kommen zum Teil in ungeheuren Mengen vor.
Der Körper ist 0,2 - 10 mm klein, meist 1 - 2 mm, langgestreckt walzenförmig oder gedrungen kugelig. Meist ist er grau bis braun, manchmal farblos oder gefärbt, oft auch stark behaart. Die ganze Art ist noch nicht ausführlich erforscht und beschrieben. Die hier abgebildeten Springschwänze blieben möglicherweise wegen ihrer geringen Größe bisher unentdeckt und sind nicht näher zu bestimmen. Meine Versuche, die Tiere von Fachleuten bestimmen zu lassen, schlugen bisher fehl. Mir antwortete kein Mensch auf meine Anfragen.
Die Mundwerkzeuge sind kauend-beißend oder stechend-saugend. Die einzelnen Teile sind in die Kopfkapsel eingesenkt (endognath).
Die Augen bestehen aus höchsten acht Ocellen, Nebenaugen sie dienen wahrscheinlich nur der Helligkeitswahrnehmung. Komplexaugen wie bei höheren Insekten fehlen. Bei Bodenbewohnern sind die Ocellen teilweise reduziert, obwohl auch diese Tiere noch lichtempfindlich reagieren können.
Die Antennen sind unterschiedlich lang. Die Abdomen bestehen aus sechs Segmenten. Am ersten Segment erstülpt (inferiert) sich ein Ventraltubus. Am vierten Segment befindet sich das Sprungorgan, die Furca die den Tierchen den Namen gab.
Entwicklung: Collembolen entwickeln sich ohne Metamorphose. Sie durchlaufen sechs bis acht Häutungen; manche Arten bis zu 40 Häutungen. Vor der letztem Häutungen werden sie geschlechtsreif. Meistens durchlaufen sie mehrere Generationen pro Jahr. Alle Entwicklungsstadien können überwintern.
Die Ernährung: Sie ernähren sich von zersetzender Vegetation, Bakterien, Pilzen, Pollen und organischen Substanzen. Einige Arten leben räuberisch.
Unter günstigen Bedingungen findet man in einem Liter lockerem, humusreichem Waldboden bis zu 2000, auf einem Quadratmeter bis zu 100000 Tierchen. Mit zunehmender Bodentiefe nimmt ihre Zahl jedoch rasch ab. Schon in 15 cm Tiefe lebt üblicherweise nur ein Bruchteil dessen, was sich in den obersten Zentimetern des Boden befindet. Man kann Collembolen aber unter Umständen noch bis in 2 m Bodentiefe finden. Manchmal kommt es zur Massenvermehrung. Die Bodenoberfläche gleicht dann eher einer lebenden Masse. So erwog man 1918 ernsthaft, aus den Tierchen wegen ihres Fettgehaltes Öl herzustellen.
Bei Collembolen erfolgt die Samenübertragung auf direktem Wege, also geschlechtliche Übertragung.
Springschwänze haben viele Feinde: Spinnen, Käfer, Wanzen und andere Insekten. Vor allem räuberische Milben stellen ihnen nach. Sie sind somit ein wichtiges Glied in der Nahrungskette.
So unscheinbar sie oftmals auftreten, sie haben in vielen Ökosystemen als Zersetzer im Boden und als Beute in der Nahrungskette eine wichtige Aufgabe. Einige Arten
können allerdings in Gewächshäusern, in Pilzzuchten usw. Schädigungen verursachen. In Südaustralien ist der Luzernefloh (Sminthurus viridis) zum Beispiel ein bedeutender Schädling.
Morphologisch unterscheidet man zwei Grundbautypen:
Die Symphypleona (»Kugelspringer«) haben durch die Verschmelzung von Hinterleibsegmenten eine rundlich, kugelige Form ausgebildet. Die Arthopleona sind die langgestreckt gebauten, typischen »Erd- und Gletscherflöhe«. Abbildung: Gestalt, (Habitus)und Bau der Grundtypen von Collembolen:
links Typ »Kugelspringer« (Symphepleona) und rechts Typ »Erd-/Gletscherfloh«
(Arthropleopleona) Abkürzungen: A - Abdomen Abdominalsegmente 1-6, An - Antenne 1-4, C -
Kopf, De - Dens, Ma - Manubrium, Mu - Mucro (Ma, De und Mu bilden zusammen die Sprunggabel, (Furca), Mk - Mundkegel, Om - Augenfleck, Ocellen (bis zu 8 Ommatidien), Rt - Retinaculum, Th - Thorax I-III, Vt - Ventraltubus
[Grafik: Jutta Richter, nach Eisenbeis u. Wichard 1985; leicht verändert] .
Gattung: Hypogastruridae? Ansicht links, Unterseite eines Erdflohs mit der nach vorne geklappten Furca am unteren Ende. In der Mitte die drei Segmente mit den Beinpaaren und oben am Kopf sind links und rechts die Antennen zu erkennen. Mitte, der Erdfloh von der Seite, rechts schräg, seitlich.
Hier gibt es mehr Informationen:
www.stevehopkin.co.uk/collembolagallery
Aktualisiert am: 27.02.2009